Max Grubers „Exit-Strategy“-Suche kam so gut an, dass das dritte Drangsal-Album 2021 auf Platz sechs der Charts landete. Hinter der Tür, die er für sein Ausstiegs-Szenario wählte, verbarg sich die Schattenseite des Erfolges, die er nun mit „Aus keiner meiner Brücken die in Asche liegen ist je ein Phönix emporgestiegen“ thematisiert.
„Traum wird Drama“ schreibt er in den zweiten Albumtrack „Bergab“ hinein, die Bereitschaft zum „Höher, schneller, weiter“ eskaliert direkt in eine Lebenskrise.
Ob ihm an diesem Tiefpunkt „Die Bestie Mit Dem Brennenden Schweif“ nachsetzte, ist nicht überliefert, „Die Satanischen Fersen“ führen ihn jedenfalls zu neuen Ausdrucksformen.
So ist zwar aus keiner seiner Brücken, die in Asche liegen, je ein Phönix emporgestiegen, wohl aber die Drangsal-Band, mit welcher der Teilzeit-Mausi nun vereint gegen alle Unwegsamkeiten anspielt und – mit inzwischen klassisch ausgebildeter Stimme – ansingt.
Lukas Korn und Marvin Holley – gestandene Kollegen, deren Know-how bereits bei Mia Morgan, Sam Vance-Law oder Fil Bo Riva gefragt war – haben zusammen mit dem Exzentriker mit der lichtscheuen Seele die Reste-Taste gedrückt, kann er sich mit ihnen in den 17 Kapiteln der Platte musikalisch breiter ausdrücken, als es auf seinen Solo-Ausgaben möglich war, wofür auch ein breites Instrumentarium unter Einschluss von Xylophon, Streichern, Cembalo und Querflöte sorgt.
In einem differenzierten Sound geht die Funk-Intention von „Pervert The Source“ einer opulenten Melodie auf, irritiert „FKA M & M 1“ mit harten Brüchen, schlendert „Wheelgreaser“ entspannt durch die Szenerie, tuckert für „Mein Mo(nu)ment – gemeinsam mit Sophia Blenda am Mikro – ein verlässlicher New Wave-Bassmotor.
Das fragile Piano ist neben der dynamischen Indie-Nummer zu erleben, steht flüssiger Synthie-Pop neben rauen Rock-Momenten, gibt es per „Funke & Benzin“ ein Konglomerat von allem, das sich in einer berauschenden Choreografie verdichtet, wieder entflechtet und mit dem letzten Tastenanschlag dieser Bestandsaufnahme nicht nur die besungenen persönlichen, sondern auch die Grenzen der Musik verschoben hat.
Im unsicherer Terrain gesellschaftlicher und geopolitischer Umbrüche, entzieht sich der Drangsal-Phönix dem Sog der „Nation Of Resignation“, trägt statt Flügel Notenblätter, steigt damit so lebensbejahend-glitzernd in den Himmel, wie er von dort analytisch über den zerstörerischen Elementen des Seelenfriedens kreist.