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The Jezabels – The Brink

Die Frage am Ende der Rezension vom letzten Album des australischen Quartetts The Jezabels hinsichtlich ausreichender Substanz für eine erfolgreiche Fortsetzung  ist beantwortet. Substanz ist vorhanden, wenn auch der jetzt erschienene Nachfolger nicht die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen kann.

Nach Erscheinen ihres fulminanten Debuts („Prisoner“ gewann immerhin den ARIA Award, den australischen Echo, für das beste Independent-Album) begaben sich die vier Musiker auf eine einjährige Intensiv-Tournee, in deren Verlauf sie sich eine komfortable Fan-Basis erspielten. Dabei unterstrichen sie auch ihren Ruf als exzellente Live-Band, wovon man sich unter anderen beim 2012ér Melt!-Festival überzeugen konnte. Vollgestopft mit gesammelten Ideen und neuen Einflüssen begab man sich danach direkt wieder ins Studio, um neues Material nachzulegen.

Der Zeitpunkt für die Veröffentlichung von „The Brink“ ist clever gewählt, nach der trüben Zeit der Wintermonate steht nun der Frühling vor der Tür und aktuell träumen sicher nicht nur pickelige Adoleszenten von großen Gefühlen an lauen Abenden unter freiem Himmel, für die sich als akustische Untermalung bekanntlich schon das hymnische „Endless Summer“ von der letzten Platte (fälschlicherweise als Titeltrack zum Klimawandel gehandelt) hervorragend eignete.

Klingen die Jezabels 2014 anders als 2012? Klingen sie nicht, am Strickmuster der Songs  sind keine wesentlichen Veränderungen erkennbar aber an den Ecken und Kanten wurde fleißig getunt. Die Band lebt weiterhin von der Dynamik ihrer Lieder, den harmonisch  aufeinander abgestimmten Kompositionen wobei es sicher nicht unvorteilhaft ist, dass die Studienfreunde bereits seit 2007 gemeinsam spielen und mit Dan Grech Marguerat ein Supervisor vorhanden war, der schon Keane oder The Vaccines auf die musikalischeren Sprünge half.

Die Australier versuchen, den perfekten Pop Song zu entwickeln. Ein Ziel, welches der Altvordere Phillip Boa seit Jahrzehnten betreibt und u.a. mit „Bells Of Sweetness“ nur um Haaresbreite verfehlte. Einzelne Songs auf “The Brink” hervorzuheben erübrigt sich, das Album wirkt wie aus einem Guss. Allein den großen Ideen fehlt die Nachhaltigkeit, die entscheidende  Zutat, einem Song Unsterblichkeit zu verleihen. Die Kompositionen werden von Heather Shannons fliegendem Synthesizer Teppich getragen, in den Samuel Lockkwoods treibende Gitarre mit den catchy Hooks eingewebt ist. Das Schlagzeug von Nik Kaloper gibt den präzisen Takt vor und darf auf „Beat To Beat“ auch mal energischer zupacken.

Das verbindende Element bleibt aber auch auf „The Brink“ die über allen, zwischen Himmelhoch jauchzend (manchmal haarscharf am Kitsch vorbei schrammend) und zu Tode betrübt schwebende Stimme von Sängerin Haley Mary. Die schafft es nämlich, die Refrains der Songs so zu präsentieren, dass mindestens einer für den Rest des Tages „Like A Rollercoaster“, um einmal aus „No Country“ zu zitieren, durch die Gehörgänge saust.

In den apolitischen Texten werden überwiegend mehr („Ich wurde verlassen und das ist doof“) oder weniger („Ich habe jemanden verlassen und das ist doof“) schwerwiegende Themen behandelt, die unnötigen Tiefgang konsequent vermeiden, praktischerweise gleich „The End“ oder „Psychotherapy“ heißen und sich damit meistens zwischen Tagebucheintrag und Weltschmerz ansiedeln.

Eines scheint sicher: berauscht von der Liebe zur gegenwärtigen Flamme und/oder anderen Bewusstseins verändernden Substanzen liefern die 10 Songs einen lupenreinen Soundtrack für die sommerliche Fahrt über den endlosen Highway zwischen Rostock und Warnemünde.

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