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Andreas Moe – Live im Blue Shell, Köln

Zugegeben, ich war etwas spät dran. Zwar immer noch pflichtbewusst rechtzeitig zum Konzert. Aber spät war’s mir eingefallen, dass ich mich zum Fotos schießen ja auch noch nach vorne quetschen musste. Das traditionsreiche Kölner Blue Shell war zwar nicht ganz ausverkauft, aber doch ziemlich voll. Rappelvoll könnte man auch schreiben. Und damit war für mich auch schon die erste Frage von zwei Fragen beantwortet, die ich mir selber gestellt hatte: Wieviel Leute würden sich eigentlich an einem verregneten Sonntagabend auf das Konzert eines hier noch relativ unbekannten, schwedischen Singer/Songwriters mit Akustikgitarre schleppen?

Die zweite Frage war: Wer werden diese Leute sein? Auch diese Antwort war für mich recht überraschend. Gut, mit einem hohen Mädels-Anteil hatte ich bei Andreas Moes Aussehen, Songs und Stimme schon gerechnet. Aber ich startete meine Schlängelei Richtung Bühne noch umringt von einigen Leuten, die sich altersmäßig wohl eher in ihren Vierzigern aufhielten. Im mittleren Publikumssegment befanden sich dann MittzwanzigerInnen und ein paar vereinzelte FrühdreißigerInnen. Und dann die Überraschung: Als ich vor der Bühne angekommen war, stellte ich fest, dass ich in zwei, drei Reihen aus lauter Teenie-Mädels im besten bieberfähigen Alter von vierzehn, fünfzehn und sechzehn stand. Und da wurde es mir klar: Die älteren Menschen hinten waren wohl die Eltern von den jüngeren Menschen vorne.

Schon komisch. Vor ein paar Jahren hätten Auftritte von Folk-Pop Songwritern mit Akustikgitarre in derselben Altersgruppe allenfalls ein Gähnen geerntet. Wundersame Welt der Musik. Aber genug soziologische Indie-Folkpopstudien für Anfänger. Das Konzert!

Pünktlich betrat Andreas Moe die Bühne. Nur bewaffnet mit Akustikgitarre, Bassdrum, gelegentlicher Mundharmonika und natürlich seiner Stimme. Der Auftritt in Köln war für ihn der Abschluss seiner ersten Europa-Tour als Solo-Headliner. Ein gemachter, neuer Teen-Hype ist der 26-jährige definitiv nicht, sondern ein schon recht gestandener Musiker. So hat er erfolgreich Songs für andere Musiker geschrieben. Ist selber als Sänger auf Tracks von Dance-Poppern wie Avicii und John de Sohn in den Charts gelandet und ist außerdem in Stockholm ein äußerst gefragter und fitter Studio- und Sessiongitarrist. Und das auch im Rockbereich. In eigener Sache hat er bislang drei EP’s veröffentlicht. Das erste Album wird wohl im Herbst kommen.

Lange um das Publikum bemühen, musste er sich jedenfalls nicht. Schon nach dem ersten Song waren die Mädels durch alle anwesenden Altersgruppen direkt auf seiner Seite. Inklusive Mitsingen, Mitwippen, gelegentlichen Woohoo’s und Jubel, der sich nach jedem Song weiter steigerte. Moe selber schien von seiner Wirkung wohl auch etwas überrascht zu sein. Auch darüber, dass die vielen seiner Songs relativ textsicher mitgesungen wurden. Nach einem eher obskuren Soundtrack-Song aus seinem Repertoire, fragte er jedenfalls verblüfft: „How did you know that song?“ Aber klar, für die Verbreitung seiner Songs sollte Andreas Moe dem Internet als Dankeschön irgendwann mal eine Flasche Rotwein schenken.

Ankündigungen von bekannteren Songs wie „Ocean“ und „Step Down From It“ wurden mit großem Gejubel quittiert. In den Ansagen zwischen den Songs präsentierte er sich charmant, sympathisch und kommunizierte rege mit dem Publikum. Er erklärte die Entstehung und Inhalte einiger Songs oder gab auch schon mal Tipps für etwaige gebrochene Herzen aus eigener Erfahrung, was von den anwesenden Damen mit einem kollektivem,  mitfühlendem „Oh!“ bedacht wurde.

Eine der Hauptattraktionen seiner Songs war natürlich seine Stimme. Und die zeigte sich auch live mit geschmeidigem Timbre und schwang sich nicht selten zu einem mühelos eleganten Falsett auf. Dass sein Support für Kodaline Anfang des Jahres Folgen hatte, zeigte sich in der ersten Zugabe. Er coverte mit „All I Want“ den größten Hit der Briten und baute ihn zum großen Mitsing- und Mitmachevent für alle aus. Das ganze Blue Shell war glücklich. Was will man mehr als Musiker.

Klar, die große Teen-Rebellion wird die Musik von Andreas Moe garantiert nicht auslösen. Den hinten stehenden Eltern und Älteren dürfte mit seinen Songs jedenfalls nichts „Was ist das denn?“-Fremdartiges begegnet sein. Könnte eher sein, dass sie in ihren jüngeren Jahren vergleichbare Singer/Songwriter auf dem Plattenteller hatten. Also keine Gefahr für den Haussegen. Nach dem Konzert war Andreas Moe direkt am Merchandise-Stand zu finden. Er signierte, was die Hand hergab und stand für jedes Handy-Foto zur Verfügung. Bodenständig wie seine ganze bisherige Musikerlaufbahn.

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