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The xx – I See You

Gewöhnlich ist das zweite Album im Leben einer Band das schwerste. Mit dem introvertierten „Coexist“ haben The xx diese Hürde souverän gemeistert, damit aber den Maßstab für die nächste Platte hoch angesetzt.

Die Erwartungshaltung an eine der meist erwarteten Veröffentlichungen des Musikjahres 2017 ist entsprechend und die Öffnung des Trios zu neuen musikalische Ufern macht den dritten Anlauf nicht automatisch zum Selbstläufer.

Sie wuchsen an und mit ihrer Arbeit. Als die Schulfreunde jung an Jahren mit minimalistischer Sanftmut, in Schwarz gekleidet und Publikum-Blickkontakt meidend, ihre Gigs bestritten, hätte wohl keiner von ihnen geahnt, einige Jahre später mit „I See You“ eine Welttournee in den jeweils größten zur Verfügung stehenden Hallen spielen zu werden.

Das gewachsene Selbstbewusstsein und die neue Selbstwahrnehmung lässt sich nicht nur am eigenen Erfolg, sondern auch an der befruchtenden Zusammenarbeit mit Größen der Marke Beyoncé, Alicia Keys oder Drake sowie dem Mercury-Prize nominierten Solo-Album „In Colour“ von Jamie xx messen.

Aus den so übersichtlich wie zugänglich instrumentierten Themen vom Debut und Nachfolger wächst auf „I See You“ das Selbstverständnis, ihre Musik flächiger und tanzbarer zu gestalten, ohne dabei ihre fragilen Momente zu opfern, oder an Melancholie einzubüßen.

So war „On Hold“ schon seit geraumer Zeit der Vorbote für die neue Klangwelt von The xx. Ein Dance-Track, der ihre Musik aus dem Halbschatten des Schlafzimmers in hellere Räume führt. In diesem Sinne bläst der Opener „Dangerous“ mit einer schmissigen Fanfare zum Angriff auf den Tanzboden, auf dem sich ein galoppierend-groovender Bass breitmacht.

Warme Houseklänge durchströmen „Say Something Loving“, „A Violent Noise“ wird mit einer dezenten Euro-Dance Beimischung auf den Weg geschickt. „Lips“ wartet mit karibischer Komponente auf und „I Dare You“ wird für Gedränge auf dem Indie-Dance-Floor sorgen.

Mit sicherer Hand für perfekte Songdramaturgie spielen Romy Madley Croft, Jamie Smith und Oliver Sim auch wieder jene Soundkarten aus, mit denen sich die Londoner bisher in die Herzen spielten. Wenn sich die Stimme der Sängerin in „Performance“ über eine einsamen Gitarre mit sporadisch eingestreuten Streicher erhebt oder das ihren verstorbenen Eltern gewidmeten Stück „Brave For You“ singt, ist für Gänsehaut gesorgt.

„Test Me“ heißt das letzte Stück. Wenn die effektdurchtränkte Ballade, die die Beziehung der Band in ihren umtriebigen und auch persönlich nicht immer leichten letzten Jahren thematisiert, ausklingt, hat „I See You“ jeden Test bestanden.

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