Courtney Barnett ist eine Skeptikerin. Das nonchalant coole Debüt mit seinen Kurt Vile’schen Momenten der gekonnt lässigen Lapidarität und jeder Menge Slackness hätte fast darüber hinweggetäuscht.
Doch wer sie live erlebt hat, eine halbwegs genaue Lyric-Vergegenwärtigung beim Musikhören betreibt und ein wenig Menschenkenntnis besitzt, weiß: Hier ist jemand grundsätzlich eher unsicher, eher zweifelnd, als großspurig, selbstüberzeugt und machtbesessen.
Klar, dass ein Zweitwerk nach einem famosen Indie-Kritikerliebling-Erfolg nicht die leichteste Aufgabe ist für einen solchen Charakter. Courtney Barnett meistert sie auf „Tell Me How You Really Feel“ mit hoch erhobenem Haupt.
Zum gleichen Produzenten Burke Reid und gleicher Backing Band Andrew „Bones“ Sloane (Bass,) und Dave Mudie (Schalgzeug) wie auf „Sometimes I Sit And Think And Sometimes I Just Sit“ kommen kleine, aber auswirkungsreiche Veränderungen hinzu:
Der Gitarrist der australischen Rockband The Drones, Dan Luscombe, fungiert als zweiter Gitarrist auf dem Album, was den Sound durchaus reichhaltiger und vollständiger erklingen lässt, ganz zu schweigen von der Erleichterung, live auf der Bühne Gesang und Gitarren-Sound nicht gänzlich allein verantworten zu müssen.
Aber auch zwei wichtige, durchaus Stabilität gebende Gäste kennt „Tell Me How You Really Feel“: Die Zwillinge Kim und Kelley Deal, ihrer Zeichen Indie-Ikonen bei den Pixies und The Breeders, steuern Backing Vocals und auch Gitarrenarbeit an mehreren Stellen dezent bei.
Seit dem letztjährigen Kollaborationsalbum mit Kurt Vile, „Lotta Sea Lice“, weiß Courtney Barnett offenbar um die Mojo gebende Wirkung einer ähnlich tickenden Musikerpräsenz.
Das Gefühls-Auf-und-Ab auf Barnetts Zweitwerk ist authentisch und gelungen eingefangen. Versagens- und Verlustängste wollten verarbeitet werden, aber genauso regiert immer noch ein kleines schelmisches Kind in Barnett, das Freiheit, Spaß, Witz und Spitzfindigkeiten will.
Ein solches Gefühlskonvolut in ein Album zu packen ist eine große Herausforderung, zunächst mag irritieren, dass stark melancholische Songs neben sorgloser Barnett-Slackness stehen, bei eingehender Betrachtung ist das aber eine wesentlich vollständigere Seelenschau, als eine von beiden Seiten für einen erhofften Albumerfolg abgeschnitten zu haben.
„Tell Me How You Are Feel“ ist gefühlskomplex wie das Leben.