Zum 100.Mal jährt sich am 11. November das Ende des 1.Weltkriegs. Staatenlenker werden mahnen und sich verpflichtet fühlen. Millionen getöteter Soldaten sind in die Sonntagsreden eingepreist und dennoch werden diese Worte nicht annähernd das Gemetzel von Verdun bis Passchendaele abbilden.
In der zeitgenössischen Musik wurde der Weltbrand verschiedentlich aufgearbeitet. Metallica, Motörhead, Bullet For My Valentine – die Liste derer, die sich seiner Brutalität annahmen, ist lang. Die belgische Regierung vergab an Einstürzende Neubauten 2014 gar ein Auftragswerk anlässlich des Jahrestages des Kriegsausausbruchs.
Frontmann Blixa Bargelds ehemaliger Bad Seeds-Kollege Mick Harvey wurde vom Autor Christopher Richard Barker, der bei Recherchen für einen eigenen Roman auf den Kriegspoeten Edgar Bourchier stieß, dessen posthum (er fiel 1917 erst 24-jährig) veröffentlichte Prosa in den Schützengräben der Westfront zwischen Tod und Verstümmelung entstand, gebeten, ihn bei der Vertonung von dessen Dichtungen zu unterstützen.
Er stieß er auf offene Ohren, entstanden ist „The Fall And Rise Of Edgar Bourchier And The Horrors Of War“, ein akustischer Sammelband über die Grausamkeit des Krieges, gültig bis in das Jahr 2018.
The Boys Next Door, The Bad Seeds, Crime & The City Solution, The Ministry of Wolves – was Mick Harvey in die Musikerhände nimmt, führt jeweils alle relevanten Komponenten zusammen.
Nachdem die Verse von Bourchier in den Achtzigern durch The Moon Lepers in Gesang transformiert wurden, bewegt sich ihre Vertonung unter égide von Harvey unter Zutun seines Landsmanns J.P. Shilo zwischen Singer-Songwriter, Ballade und Traditional.
Mit Gastgesängen von Jade Imagine, Simon Breed, Alain Johannes entstanden Variationen fern von pathetischer Überhöhungen oder übertriebener Dramatik, die Text und Musik fein austarieren, gleichwertig darstellen und differenziert ausleuchten.
Marschgetrommel begleitet „The Expressionist Tell #1“ ins Feld (dessen #2 den Blues von The Birthday Party in sich trägt), es wabern Orgelschwaden gleich Artillerienebel mit „The Eternal Blackness Of My Death“ über das Niemandsland, ist “Listen In The Twilight Breeze” ein letzter Gruß vor dem Gang ins Verderben.
„I Am The Messenger“ heißt ein Stück, die Botschaft der Platte ist so fürchterlich wie die Leichenteile, denen „The Poetic Clown“ begegnet: Sind die Hunde des Krieges einmal von der Kette gelassen, steht das Tor zur Hölle offen.