Der Schwaben-Bowie zieht blank. „Nackt“ heißt das neue, mittlerweile vierte, Levin-Goes-Lightly-Album und verdeutlicht, dass Protagonist Levin Stadler nicht daran interessiert ist, sich auf den verdienten Lorbeeren für „GA PS“ auszuruhen, sondern weiterhin seinen Werdegang mit dem unbedingten Willen, musikalisches Neuland zu erschließen, fortsetzt.
Bedeutet, dass der künstlerische Multitasker sein autarkes Treiben, dass live regelmäßig von Max Rieger und weiteren Gästen unterstützt wurde, ruhen ließ und sein Projekt mit Paul Schwarz und Thomas Zehnle, die sich bereits in die Vita von Human Abfall oder Wolf Mountains eintrugen, auf Bandniveau transformierte.
Zu dritt entstanden in den vergangenen beiden Jahren in der ländlichen Abgeschiedenheit Frankreichs zehn neue Stücke, die den Status von Levin Goes Lightly als starke wie nachhaltige Referenz für unabhängige einheimische Musik festigt.
Der optisch unveränderte Protagonist präsentiert neben dem veränderten Line-Up eine weitere prägende Neuerung: Gesungen wird jetzt auf Deutsch.
Dieser Umstand, der Drangsals letzte Platte nicht unbedingt auf ein höheres Level hob, fließt hier in einer Sprache aus Kunst, Metaphern und lyrischen Momenten mit der Kühle von umhüllenden, scheinbar aus der Zeit der großen Synthie-Bands gefallenen, Keyboardklängen zusammen.
Entsprechend schwebt „Nackt“ eingangs via „Nichts Ändern“ auf einer psychedelischen Dream-Pop Blase davon, webt mit „Zu Nah“ zwischen Weltraum-Bahnhof und City-Beach ein, um „Rote Lippen“ als Wave-Eruption explodieren zu lassen.
Der Mann, dessen „Nightclubbing“-Version es bereits in die Radio-Show von dessen Urheber Iggy Pop geschafft hat, verschleiert mit seinen Mitstreitern Melodien, bewegt sich durch vernebelte Arrangements um den Titeltrack mit Direktheit und Härte anzubieten, preist die Platte stilistische Vielfalt von Dub bis Pop genauso ein, wie Eingängiges, Sperriges und rhythmisch Exzentrisches.
„Nackt“ bedeutet auch, angreifbar zu sein. Sonderling Levin Stadler bewegt sich trotz dieser Blöße sicher durch textliche Fallstricke und Fußangeln und bleibt dabei bei aller organischer Präsenz ein Kunstfigur, deren Songs nicht nur „Pflaster“ für den Augenblick sind.