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Dirk von Lowtzow – Live im Werk 2, Leipzig

Wenn Dirk von Lowtzow nach Leipzig kommt, kommt Leipzig zahlreich zu ihm.

Das ist so, wenn Tocotronic oder Phantom/Ghost in der Stadt konzertieren und das war auch so, als er im Rahmen der diesjährigen Buchmesse „Aus Dem Dachsbau“ im ausverkauften, ihm und seiner Band ans Herz gewachsenen, Conne Island präsentierte.

Der Lesung am 21. März, seinem Geburtstag, folgte gestern eine weitere und auch in der Halle D des Werk 2 waren am Dienstag nicht mehr viele Stühle frei und die Schlange an der Bar noch lang, als der Wahl-Berliner wenig nach 20:00 Uhr die Szenerie betritt.

Ein energisch wie herzliches „Hallo Leipzig“, die akustische Gitarre umgeworfen und schon ist man mitten im „Date Mit Dirk“, der Reprise vom Roten Album, der einzigen narzisstischen Einlage des Abends, wie der Protagonist grinsend ankündigt.

Eineinhalb Stunden liest er launig Kapitel seines Buches vor, erfährt der Besucher von prägenden Kindheitserlebnissen, Irrungen und Wirrungen der Adoleszenz, dem künstlerischen Werdegang und vom mitunter gar nicht so coolen, teils von Verunsicherung geprägten, Leben als Berufsmusiker.

„Für Jutta“ (Jutta Pohlmann, Regisseurin und Rettung nach dem Sprung vom Tresen) steht als Widmung hinter dem Inhaltsverzeichnis. „Für Alexander“ könnte dort ebenso stehen, denn wesentliche Teile drehen sich um Begebenheiten mit seinem Geistesverwandten und Mitkämpfer aus der „Schwarzwaldhölle“, der an einem Hirntumor verstarb, und dem mit „Unwiederbringlich“ auf „Die Unendlichkeit“ ein auch heute gespielter, später musikalischen Grabstein gesetzt wurde.

Ausgehend davon, dass die meisten Anwesenden, viele – wie der Vorleser – mit dachsfarbenenem Haar erschienen, den Inhalt seines literarischen Werkes kennen (bei dessen Lektüre partiell der beruhigende Eindruck gewonnen wird, dass der eigene Alkoholkonsum retrospektiv bestenfalls durchschnittlich zu bewerten ist) sind die Songs, die zwischen den Kapiteln eingestreut werden, in den vorgestellten Versionen natürlich Highlights.

„Sailor Man“, „Im Zweifel Für Den Zweifel“ und ein selbstübersetztes Hüsker Dü-Cover stehen auf dem Programm und vor dem Hintergrund, dass man im Buch von der Inspiration zu einigen seiner Texte, von geschlüpften Meisen („Bis Uns Das Licht Vertreibt“) bis zu Mentorin Cosima von Bonin („Das Blut An Meinen Händen“), erfährt, lassen sich Tocotronic-Hits individuell neu bewerten.

Selbst im fahrrad-affinen Connewitz erschließt sich so der aus den Pannen-Dramen der Schulzeit generierte Hass auf das ökologisch alternativlose Fortbewegungsmittel, vertont in der hier im Country-Gewand (schließlich kann man solo „seine Schrullen ausleben“) gespielten Hymne „Freiburg“.

Wie auch bei Tocotronic-Konzerten verlässlich kultiviert, kommt das Stück gegen Ende der Veranstaltung. Verlässlich wird Dirk von Lowtzow sicher bald nach Leipzig zurückkehren um die mit „Dieses Jahr“ und „Moon River“ auf den Heimweg Verabschiedeten wiederzusehen.

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