Rockmusik ist nicht mehr hip. Die großen Stadien füllen längst Knöpfchendrücker wie David Guetta oder Martin Garrix mit ebensolcher Leichtigkeit wie die ganz Großen des Rockgeschäfts.

Das mag daran liegen, dass einige dem Genre ewige Stagnation vorwerfen und deswegen viel lieber Indie-Folk oder Dream-Pop machen. Umso wichtiger, dass es Bands wie die Foo Fighters gibt, die auch mit ihrem zehnten Studioalbum die Fahne der Rockmusik hochhalten und allen Ungläubigen die Zweifel mit ihren wehenden Mähnen aus dem Gesicht schütteln.

Und klar, darüber muss man überhaupt nicht streiten, auch die Foo Fighters erfinden die Rockmusik nicht neu. Aber warum auch? Stattdessen machen Dave Grohl und seine Bandkollegen genau das, was sie am Besten können:

Sie vereinen krachige Gitarren mit Streichern, treibendes Schlagzeug mit einer Prise Stadionpathos, Oh-oh-Background-Chöre mit Geschrei und liefern damit den Beweis: Rock’N’Roll ist längst nicht totgesagt.

Zugegeben, manche Nummern machen es einem schwerer als andere. Der Opener „Making A Fire“ verschreckt mit Na-na-na-Chören direkt zu Beginn kurz und lässt einen überprüfen, ob man hier auch wirklich die richtige Platte aufgelegt hat.

Obwohl es natürlich auch keine Neuigkeiten sind, dass die Foo Fighters gerne mal mit dem Pop flirten. Nach dem anfänglichen Schock überzeugt der Song durch seine Vielschichtigkeit; den eingängigen Melodien im Refrain, die sich mit den kantigen Strophen abwechseln. Okay – über den souligen A-Capella-Part inclusive Snaps – lässt sich auch nach dem dritten Hören streiten.

Nachdem man „Cloudspotter“ und die Vorab-Single „No Son Of Mine“ getrost als klassischen Foo-Fighters-Hit abspeichern kann, zeigen Dave Grohl und seine Bandkollegen mit dem Titelsong „Medicine At Midnight“ etwas mehr Experimentierfreude. Bereits der perkussive Einstieg lässt einen aufhorchen.

Sekunden später machen die Bassline und die eingestreuten Synthie-Tupfer eins direkt klar: Die nächsten Minuten wird’s funky. Dave Grohl changiert zielsicher zwischen tiefem Gesäusel und röhrenden Höhen. So wie sich hier die Schulten unweigerlich in den Schüttelmodus versetzten dürfte dieser Song die eheste Erklärung für Taylor Hawkins Vergleich von „Medicine At Midnight“ mit David Bowies „Let’s Dance“ sein. Wer also aufgrund dessen das Schlimmste befürchtete, der darf beruhigt sein.

„Chasing Birds“ ist die einzige Ballade auf „Medicine At Midnight“, kommt ungewohnt soft daher und liefert dann doch noch eine kleine Prise Dream-Pop. Braucht man nicht unbedingt, stört aber auch nicht weiter, denn mit „Love Dies Young“ lassen die Foo Fighters ihr zehntes Studioalbum mit einer gehörigen Portion Gute-Laune ausklingen. Mit seinem ungetrübten Optimismus und den sich sofort in den Gehörgang festsetzenden Harmonien erinnert der letzte Song am ehesten an „Walk“ von „Wasting Light“.

Den einzigen Wermutstropfen, den „Medicine At Midnight“ mit sich bringt ist die immer noch andauernde Unsicherheit bezüglich der Livesituation aufgrund der Corona-Pandemie. Denn Songs wie „Love Dies Young“ oder „No Son Of Mine“ lernt man erst so richtig lieben, wenn man sie inmitten einer Menschenmenge in Richtung einer Bühne schreien kann.

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