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Daniel Blumberg – The World To Come (Original Soundtrack)

Die boosternden Eigenschaften von Musik für den Film sind unbestritten. Für Mona Fastvolds „The World To Come“, bereits 2020 bei den Filmfestspielen von Venedig für den Preis des Goldenen Löwen nominiert, in der Folge durch corona-bedingt geschlossene Säle weniger im Lichtspielhaus als vielmehr als Video-Stream präsent, vertonte Daniel Blumberg die Liebesgeschichte von Abigail und Tallie im ländlichen Amerika Mitte des 18. Jahrhunderts.

Blumbergs Kompositionen auf dem jetzt via Mute zugänglichen Original-Soundtrack transportieren eine Ahnung von harten Lebensumständen, machen Schmerz und Entbehrungen, aber auch Hoffnung hörbar; begleiten ihr leises Erwachen der Zuneigung füreinander, den Rausch ihrer Gefühle, aber auch die unausweichlichen Konsequenzen einer Beziehung, die – ähnlich „Brokeback Mountain“ – im Sturm aus Ressentiments und gesellschaftlichen Zwängen vegetiert.

Dass der künstlerische Multitasker dabei adäquat seiner Post-Yuck-Zeit partiell den Weg konventioneller Melodieführung verlässt, verleiht den Stücken zusätzliche Spannung. Arrangiert der Londoner mit Ute Kanngiesser, zuletzt auf „On&On“ an seiner Seite, und weiteren Musikerkolleg*innen, 23 stimmige Kapitel zwischen melodisch, dissonant, träumerisch und gefahrvoll.

Ob behutsames Ausloten eines Seelenzustands in „Tallie“, der fragile Gesang in „First Kiss“, die ersten Misstönen von „The Orchard“, die unheilvollen „Thoughts And Township“-Streicher, der Bläser-Alarm von „The Fire“ oder der akustische Groll im „Finny Letter“, mit jeder Note erschließt sich ein neuer Resonanzboden für zwei starke Frauen im Korsett einer Zeit, die für ihre Liebe nicht bereit war.

Wenn der von Josephine Forster vorgetragene Titeltrack das Drama am Schluss bündelt, den Song in cineastische Referenzsongs einreiht, mit denen u.a. Scott Walker via „I Threw It All Away“  eine Klammer um den Score zu „To Have And To Hold“ setzte, haben es Daniel Blumbergs Soundideen für „The World To Come“ geschafft, ohne die zugehörigen Bilder das Kopfkino zu starten.

Als Zugabe gibt es noch einen umfassenden Ausflug in Free-Jazz-Gefilde, das orgiastische Spiel von Peter Brötzmann, der den Protagonistinnen jeweils ein Thema widmet, ist ganz sicher ein Fest für Genre-Enthusiasten.

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