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Wir wollen den Menschen eine Abwechslung bieten – Ätna im Interview

Vielfältig, offen, mutig und gesegnet mit einem ausgeprägten Gespür für nachhaltige Hooks und Sounds drängen sich Ätna mit Nachdruck in Richtung der hiesigen Electro-Pop-Spitze. Bereits mit ihrem im Frühjahr 2020 veröffentlichten Debütalbum “Made By Desire” sorgten die Ätna-Verantwortlichen Inéz Schaefer und Demian Kappenstein für viel Aufsehen in der Szene. Gut zwei Jahre später steht nun das zweite Studiowerk “Push Life” des Dresdner Duos in den Regalen. Kurz vor der Veröffentlichung des neuen Schaffens trafen wir uns mit Inéz Schaefer und Demian Kappenstein zum Interview und sprachen über die Magie des Augenblicks, nachhaltige Flötenmelodien und Dresden.

MusikBlog: Pandemie, Krieg, Mord und Totschlag: Es könnte gerade kaum eine dunklere Zeit sein, in der wir leben. Wie schwer fällt es euch dieser Tage, so kurz vor der Veröffentlichung eures zweiten Studioalbums, Freude und Glücksgefühle zu empfinden?

Inéz Schaefer: Es ist schon sehr schwierig. Ich hatte schon zu Beginn der Pandemie kurzzeitig den Gedanken, vielleicht lieber eine Krankenschwesterausbildung zu machen, weil mir das Musikmachen so unnötig und unpassend vorkam. Auf der anderen Seite ist es aber auch so wichtig, mit Ausdrucksformen wie der Musik dagegenzuhalten. Wir haben jetzt ein paar Konzerte hinter uns, bei denen wir uns auch überlegt hatten, ob wir das alles irgendwie thematisieren sollen. Letztlich haben wir uns aber dagegen entschieden. Der ganze Tag besteht irgendwie nur noch aus schlechten Nachrichten. Wir wollen den Menschen daher eine Abwechslung bieten.

MusikBlog: Ihr wolltet nach dem Release eures Debütalbums direkt auf Tour. Dann kam die Pandemie dazwischen. War das auch die Zeit, in der bereits der Gedanke ans zweite Album zu Keimen anfing?

Demian Kappenstein: Bei mir war das definitiv so. Inéz hingegen hatte da ein bisschen länger zu kämpfen. Das war halt eine extrem schwierige Zeit, in der eine komplett geplante Band-Phase von heute auf morgen begraben wurde. Für mich war aber klar, dass wir Musik ganz bitter nötig haben werden, wenn nebenbei irgendwie gefühlt alles andere zusammenbricht.

MusikBlog: Eure Musik ist extrem abwechslungsreich. Ihr probiert im Bereich Elektro-Pop unheimlich viel aus und präsentiert euch sehr offen und mutig. Entsteht das alles bei euch aus dem Moment heraus?

Demian Kappenstein: Wir improvisieren einfach unheimlich gerne. Wir probieren im Proberaum gerne neue Sachen aus. Ich weiß nicht, wenn ich es vergleichen müsste, fällt mir da eine Praline ein, die auf kleinem Raum viel Verschiedenes zu bieten hat. Das ist bei einer Tüte Chips anders.

MusikBlog: Ihr kennt euch beide vom Jazz-Studium. Beim Jazz wird ja auch viel improvisiert.

Inéz Schaefer: Ja, beim Jazz steht immer der Moment im Vordergrund. Die Grundlage von jeder Komposition ist die Improvisation. Man probiert erstmal ein bisschen herum, ehe man sich auf eine bestimmte Richtung einlässt. Grundsätzlich ist es bei uns so, dass wir sehr frei und offen mit allen Phasen umgehen. Wir starten immer mit der Improvisation. Dann folgt die Komposition, der natürlich auch ein gewisses Maß an Perfektionismus zu Grunde liegt. Und am Ende, wenn es dann auf die Bühne geht, lösen wir uns wieder.

MusikBlog: Mit dem Song “Trick By Trick” konnte ich zunächst gar nichts anfangen. Irgendwann hat er sich dann im Verbund mit all den anderen Songs aber auch entwickelt und Spaß gemacht. Wie entsteht so ein ganz spezieller Track?

Demian Kappenstein: Die Basis des Songs war eigentlich eine ziemlich nachhaltige Flötenmelodie, die entstand, als ich mit verschiedenen Effekten arbeitete. Irgendwann klang diese Melodie aber auch ein bisschen zu aufdringlich, so dass wir in punkto Harmonie umgeswitcht sind auf Bass und ein instrumentales Riff. Das hat uns und auch unserem Produzenten Moses Schneider dann irgendwie besser gefallen.

MusikBlog: Wie lief die Zusammenarbeit mit Moses Schneider?

Inéz Schaefer: Das Coole ist ja, dass Moses eigentlich aus einer ganz anderen Musikrichtung kommt. Er macht ja sonst eher rockige Sachen, Deutschrock, Hamburger Schule und so. Das fanden wir aber gerade ziemlich spannend. Und dann ist er auch ein Mensch, der uns immer super helfen konnte, wenn wir uns bei einer Entscheidung mal nicht so einig waren. Dann hat Moses meist das Ruder in die Hand genommen und sich für eine Richtung entschieden. Das war ein unheimlich vertrautes Arbeiten irgendwie.

MusikBlog: Vertrauen spielt ja auch intern eine große Rolle. Bis es so weit ist, muss man den Partner und Kollegen aber ja erstmal schätzen lernen. Was sind denn in eurem Fall die Schokoladenseiten des jeweils anderen?

Inéz Schaefer: Ich liebe Demians Spontanität. Hinzu kommt, dass er nicht ganz so perfektionistisch tickt wie ich. Das imponiert mir ungemein. Ich denke, dass uns diese ergänzende Komponente innerhalb unserer Beziehung sehr zu Gute kommt, wenn es um das Kreieren von Musik geht.

Demian Kappenstein: Ich kann das so nur unterstreichen. Ich war schon sehr oft sehr dankbar, wenn Inéz bei einer vermeintlich schon fertigen Produktion noch einmal nachgehakt und Dinge hinterfragt hat. Umgekehrt läuft das aber genauso. Wir ergänzen uns da wirklich ziemlich gut.

MusikBlog: Ihr seid livetechnisch schon viel rumgekommen. Was waren denn bisher so die prägendsten Erlebnisse?

Demian Kappenstein: Da kommen schon mehrere zusammen. Was immer total cool und spannend ist, ist die Vielfalt, die einem auf Tour begegnet. Man spielt an einem Tag in einem sibirischen Jugendclub. Da herrschen natürlich ganz einfache Bedingungen. Dann ist man irgendwann dann zu Gast beim Montreux-Festival, wo man sich Backstage gegenseitig Schampus einschenkt und sich Quincy Jones um die Ecke noch einen Nachschlag holt. Das sind schon krasse und faszinierende Erfahrungen.

MusikBlog: All das klingt nach einem Musik-Projekt, das früher oder später zwangsläufig in Berlin, München oder London landen muss. Ihr aber haltet eurer Walheimatstadt Dresden die Treue. Warum?

Inéz Schaefer: Wir fahren schon oft nach Berlin, wenn es um die Arbeit geht. Aber wir kommen auch immer wieder sehr gerne zurück. Wir haben hier in Dresden zusammen studiert, das ist unser Zuhause, unsere Hood. In Berlin kann man sich auch keinen so schönen Proberaum mit Aussicht leisten. Wir fühlen uns einfach sehr wohl in Dresden.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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