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Placebo – Live in der Quarterback Immobilien Arena, Leipzig

Enttäuschung beim 2017er Highfield-Festival nahe Leipzig, als die Headliner Placebo sich zwar auf dem Gelände befanden, ihr Gig aber kurzfristig wegen eines medizinischen Notfalls abgesagt wurde – „someone call the ambulance“ und der Spekulation über die Gründe waren Tür und Tor geöffnet.

Am gestrigen 19. Oktober 2022 präsentierten sich die Herren Molko und Olsdal in der Stadt hingegen fit und vital, unterhielten die gut gefüllte Arena über 90 Minuten mit ihrer aktuellen, fast ausnahmslos gespielten, Platte “Never Let Me Go” und Gassenhauern aus den vergangenen Jahrzehnten.

Die, die ihnen in die Mehrzweckhalle gefolgt waren, bildeten einen repräsentativen Altersdurchschnitt zwischen denjenigen, die nicht nur mit „Every You, Every Me“ ein Stück Lebensgefühl der Jahrtausendwende verbinden, und jenen, die ihrer Babyschale im elterlichen Auto eine frühkindliche musikalische Sozialisierung mit den Hymnen der Briten erfuhren.

Der Placebo-Sound blieb bis dato unverwechselbar. Obwohl ihre letzte Alben auf den Wiedererkennungswert setzten, platzierten die Musiker darauf immer einen Referenzsong, auf dem aktuellen Album ist das „Try Better Next Time“.

Das Album kletterte hierzulande auf die Pole-Position der Charts und als die ersten Töne von dessen Opener „Forever Chemicals“ den Abend eröffnen, ist man der Wucht der übereinandergestapelten Gitarren und dem wummernden Bass gern ausgeliefert.

Mit vier weiteren Musiker*innen rasen die Protagonisten ohne Punkt und Komma durch ein perfekt durchgestyltes Programm. Brian Molko, nie ein großer Entertainer, wirkt vergessen in seiner Musik, näselt melancholisch über Liebe, Bipolarität, Weltschmerz und seine “Klimadepressionen”, sieht noch immer aus, als wolle er das Übel der Welt mit Schönheit in die Flucht schlagen, sein Kollege Stefan Olsdal übernimmt derweil den Rock-Gestus und die Zuschaueranimation.

Trotz dessen, dass Olsdal das Konzert zwischenzeitlich mit leisen Tönen am Klavier kontrastiert, bleibt der Auftritt in seiner Gesamtheit – wie auch die Stimmung im Saal – auf überwiegend einheitlichem Begeisterungs-Level, ohne dabei Kreislaufinstabilitäten zu generieren.

Einen emotionalen Höhepunkt setzt „Slave To The Wage“, bei dem sich die Bewegung im Innenbereich von der vordersten Front auf die Zuhörer hinter dem Mischpult überträgt.

Dass der multipel nutzbare Veranstaltungsort nicht über die ausgefeilteste Akustik verfügt, ist bekannt, dass Placebo-Konzerte nicht die leisesten sind, auch. Beides zusammen verträgt sich leider schlecht im furiosen Hit-Finale, schluckt der breiige Klang von „Song To Say Goodbye“, „The Bitter End“ und „Infra-red“ den eigentlichen Glanz der Stücke.

Der Zugabenteil hält neben dem Tears-For-Fears-Klassiker „Shout“ und dem via „Stranger Things“ frisch reanimierten Kate-Bush-Evergreen „Running Up That Hill“ mit  „Fix Yourself“ ein Stück parat, in dem sich Brian Molko und Stefan Olsdal in einen beeindruckenden instrumentalen Rausch spielen.

Am Merchandise-Stand gibt es ein knallgelbes „Nancy-Boy“-Shirt – auch ohne diese Nummer am Mittwochabend gehört zu haben, wird die Show bei ihren Besuchern noch eine Weile Thema bleiben.

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