Nach seinem schnittigen, instrumentalen Debütalbum „Knopperz“ und weiteren Kollaborationen, unter anderem „The Solution Is Restless“ mit Joan As Police Woman und Tony Allen, veröffentlicht der frühere The-Invisible-Frontmann Dave Okumu sein nächstes Soloalbum „I Came From Love“.

Als Dave Okumu And The 7 Generations holt sich der gebürtige Wiener diesmal die Unterstützung seiner Vorfahren und Nachkommen, denn er versammelt nach eigener Aussage seine Vorfahren, die Vorfahren von anderen, seine musikalischen Vorfahren und seine Nachkommen.

Doch der Multiinstrumentalist aus London engagiert noch weitere exzellente Musiker*innen, darunter auch namhafte Größen wie Kwabs, ESKA, Anthony Joseph, Wesley Joseph sowie Ikone Grace Jones.

Dave Okumu teilt „I Came From Love“ in vier Kapitel: „You Survived So I Might Live“ (Tracks 1 bis 4), „The Intolerable Suffering Of (The) Other“ (Tracks 5 bis 8), „Seduced By Babylon“ (Tracks 9 bis 11) und „Cave Of Origins“ (Tracks 12 bis 14).

Er verbindet seine eigene Frage nach Herkunft und Identität als Person Of Color mit der Geschichte von Sklaverei, Ausgrenzung und Benachteiligung. Das Konzeptalbum birgt dabei eine reichhaltige Fusion aus Neo-Soul, Funk, Afrobeat und Electronic.

Das dynamische „7 Generations“ zu Beginn glänzt von Beginn mit sphärischen Synths, einem tangolastige Akkordeon und Tempowechsel. Währenddessen entfaltet sich das majestätische „Prison“ nur langsam mit psychedelischen Gitarren und schleppendem Schlagzeug, wirkt dann aber umso wuchtiger.

Der dritte Track „Blood Ah Go Run“ zum Beispiel prescht mit seinen treibenden Rhythmen und Einspielungen aus TV-Berichten und Dokumentationen nach vorne und thematisiert das „New Cross Fire“ am 2. März 1981, einen Brand im einem Südlondoner Reihenhaus, bei dem 13 schwarze, junge Menschen ums Leben kamen.

Der Kampf gegen Rassismus trieb daraufhin im Zuge des „Black People’s Day of Action“ rund 20.000 Schwarze in London auf die Straße, um gegen Diskriminierung zu demonstrieren, denn weder Polizei noch Justiz setzte sich mit einer Aufklärung auseinander: „Blood ah go run, if no justice no come, fight fight fight, fight for survival“

Das düstere „Streets“ mit seinen schiefen, leidenden Streichern und stechendem Bass verursacht Gänsehaut. Aus der unheimlichen Orchestrierung schält sich ein jazziges Wehklagen. Über der satten Klangkulisse und dem unheilvollen Chor schwebt drohend die quälende Frage: „What would they say? Don’t look away“

Namensgebend für den Track „Black Firework“ war Dave Okumus Sohn, der im Kindesalter behauptete, er habe nachts im Lichter- und Farbenspiel der bunten Feuerwerke am Himmel auch schwarze gesehen. Im 80s-Funk-Gewand beschreibt die Metapher nun ein Gefühl seiner Wahrnehmung: „Do you feel me? Can you see me right now? This struggle to articulate what we’re going through…“

Später greift „The Struggle“ eben jenen Leitgedanken aus „Black Firework“ wieder auf, modifiziert es zu einem knapp zweiminütigen Mantra und wird dabei von expressiven Blasinstrumenten umschmeichelt.

In anderen Tracks wie „Abaka“ oder „Scenes“ dominieren wiederum Spoken-Word-Passagen. In „My Negritude“ rezitiert Dave Okumu über lebendige Drums und hypnotische Gitarren Teile aus „Return To The Native Land“ des afrokaribisch-französischen Poeten und Schriftstellers Aimé Césaire.

„Amnesia“ lockt mit tanzbarem Beat und rauen Gitarrenriffs und begibt sich mit gebrochenem Herzen und kollektiver Gedächtnisstörung auf die Suche nach einem Platz in unserer Gesellschaft. Das reduzierte und flirrende „Get Out“ schließt daran an: „How am I supposed to love a nation with a broken heart?“

„I Came From Love“ ist ein Manifest über Aufarbeitung und Sichtbarkeit, über Herkunft und Vermächtnis, über das Woher und das Wohin. Begleitet vom Warum, führt Dave Okumu einen unnachgiebigen, aber friedvollen Kampf um Gerechtigkeit.

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