Raus aus Berlin, ab nach Wuppertal: Mia Morgan hat für ihr zweites Album „Silber“ die Parameter neu sortiert. Gut so! Statt Indie-Chic und Hauptstadt-Drama klingt diese über ihr eigenes Label veröffentlichte und in Wuppertal aufgenommene Platte rau, abseitig, aber immer noch so wunderbar hittig. Ist „Silber“ das neue Gold?

Seit ihrer Debüt-EP „Gruftpop“ und dem Debütalbum „Fleisch“ hat sich Mia Morgan eine große Fanbase in der deutschen Indie-Welt aufgebaut. Hier ist in den letzten Jahren irgendwo zwischen Drangsals ungebeugter Ästhetik und Blonds Y2K-Spielfreude der perfekte Spot für die Künstlerin aus Kassel frei geworden.

So stehen dann eben andere Lieblingsbands der Bubble zur Stelle, als Morgan ihre neue Platte aufnehmen wollte: Jonah Holzricher (Lyschko), Florian Kiesling (Van Holzen) und weitere Kolleg*innen arbeiteten mit Morgan zusammen – die gesamte Platte ist von Sound über Artwork bis zu Videos ein DIY-Projekt mit dem eigenen Freundeskreis.

Schön. Aber: Genug Kritiker*innen-Lieblinge-Namedropping. „Silber“ klingt nämlich nur rudimentär nach diesen vielen Querverweisen und stattdessen ziemlich oft nach LaFee. Ja, genau – der mit dem Gesichtstattoo und dem „Virus“.

Keine Sorge: Morgan setzt an dieser Industrial-Schnittstelle an und macht daraus ihr ganz eigenes, wie immer äußerst geschmackvolles eigenes Stück Kunst.

Aber es ist irgendwo dort. Da, wo die tief gelegten Riffs auf die fasernden Synthesizer prallen („Silbertablett„), da wo die Fünfsaiter sich mit Cheerleader-Chören in den Armen liegen („(Spielen Mit Den Großen) JUNGS“), da wo es eben knirscht und rumpelt.

Für Mia Morgan ist diese Gratwanderung zwischen Indie-Rock und Metal-Ästhetik nicht völlig neu, so kompromisslos wie auf diesem Album klang das aber bislang nicht.

Dank Morgans stets melodischem Timbre und den hittigen Indie-Melodien liegt über allem eine dicke Schicht Pop, die aus dem bizarren Kontrast etwas wunderbar Eigenes, Widerspenstiges, Liebenswürdiges macht. Wuppertal eben.

„Silber“ ist also wieder so eine Liebhaber-Platte, ganz anders als zuvor, aber im Kern doch: Mia Morgan.

Fans werden hier mit „Mitten In Den Massen“ oder „Niemand“ neue Hymnen für die Dauerschleife finden, Neulinge dürfen sich von emotionaler Komplexität in „VatterMutterTochter“ oder der hingebungsvollen Sehnsucht in „Indeinerhaut“ begeistern lassen.

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