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Merchandise – After The End

Tampa, Florida. Mittelpunkt des Geschehens: Ein Haus – und sechs Monate Zeit, ein Bandimage völlig aus den Angeln zu heben. Diese Spanne braucht es für Merchandise, ihr neuestes, wohl umstrittenstes Werk „After The End“ aufzunehmen, welches selbst eine 180-Grad-Wende in ihren Extremen neu definiert.

Finde den Fehler: Balladen-triefend. Hochglanzpolierte Produktion. Funkelnde Popschemata. Fließende Harmonien. Und die Harcore/Punk – Vorgeschichte einer Band, welche sich bisher mittels dahingerotzter DIY- und Anti-Attitüde von anderen Lärmmachern abzuheben wusste. Richtig, Arsch auf Eimer ist das nicht. Hardcore adé: Die jungen Herrschaften reißen nun die Arme auf und heißen den Pop darin herzlich willkommen.

Ursprünglich in der härteren Gangart unterwegs, (er)fanden Merchandise sich über Jahre hinweg in zig künstlerischen Prozessen immer wieder neu. Hat die Band noch mit ihren vorherigen Releases bei verschiedenen kleinen Hardcore- und Punklabels an die Türen geklopft, legt sie nun erstmals dem Label 4AD ein Album in den Schoß. Immerhin übernahm dieses schon in den 80ern die Schirmherrschaft für Bands wie die Pixies oder Modern English, zu denen sich in heutiger Zeit Bandkollegen à la The National, TV On The Radio oder Grimes gesellen.

Doch sind wir schon einmal in den Achtzigern gelandet, so lässt sich das Thema getrost weiter auskosten: 45 Minuten Spielzeit bieten zahlreiche Anleihen zu den Smiths und klare Möglichkeiten des Gesang-Vergleichs zu Stinkstiefel Morrissey. Zudem sei an alle findigen Genre-Fanatiker hinzugefügt: Der Begriff des Noise-Pop konnte zwar zuvor für Merchandise getrost aus der Versenkung geholt werden, muss allerdings mit „After The End“ eine gehörige Portion Noise einbüßen.

Nun lassen uns die Herrschaften also mit einer Produktion hantieren, die vor schwermütigen Balladen trieft und glitzernde Instrumentalmomente birgt. Wer hätte gedacht, dass man sich eines Tages von Merchandise einlullen lassen könnte: Die scheinbare Reinkarnation lässt mit dem rein instrumentalen „Corridor“ den Vorhang fallen, welches sich sanft in runden Klängen und Pathos wiegt. Eingeleitet wird so ein Album voller Popüberraschungen – nur um gleich darauf mit einem treibenden „Enemy“ den Kurs der kommenden Tracks anzugeben. Dieser zielt in die Richtung des gesättigten Bandzusammenspiels.

Wo früher harte Gitarren ihre Dominanz nicht einbüßten, säuseln sie heute sanft im Hintergrund. Das ist nicht schlecht – vielmehr schlichtweg anders. Bei düsterem Unterton („Green Lady“) werden ab und an auch sonnige Seiten („Little Killer“) eingeflochten, stets an der Seite von einer Prise Emphase und episch angehauchten Momenten, welche es sicherlich in einer live-Umsetzung zur vollen Entfaltung bringen. Album und Band dürfen sich entsprechend anmaßen, etwas Gutes hervorgebracht zu haben, nicht jedoch, eine spezielle Außenseiterrolle in der Indie-Pop-Szene einzunehmen.

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