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Swans – The Glowing Man

Spiritus Rector Michael Gira hat das Ende seiner Swans in ihrer bisherigen Form ausgerufen, freilich nicht ohne uns einen würdigen, zementharten, zweistündigen Brocken ihres leicht industrial angehauchten No Wave/Experimental Rock zum Abschied vor die Füße zu werfen.

Swans sind im Grunde noch immer die wahrscheinlich härteste Band im Rock. Ohne Schminke, ohne alberne Horror-Show-Masken, ohne Doppelpedal an der Bass-Drum, ohne die Penetrationswut diverser ach so böser Metal-Spielarten, vermag es Michael Gira mit seinen Kompagnons auf eine erschreckend sublime Art dermaßen negativ, unerbittlich, todestraurig, hoffnungslos und nihilistisch zu klingen, dass die Swans immer schon ein Dilemma waren: von der Kritik gefeiert, den großen Massen aber inkompatibel, ziehen sie ihren harten Stiefel im Nischendasein durch.

Und was soll sich auch schon groß geändert haben bei den Schwänen? Na klar, „The Glowing Man“ besticht wieder durch infernalische No Wave-/Anti-Rock-Kaskaden und durch endlos wehtuende, repetitive Rhythmen. Vielleicht ist das der einzige Makel an diesem Abschluss der zweiten großen Swans-Phase.

Die erste haben nur die ganz alten Hasen mitbekommen, damals im experimental-rock-wütigen New York der frühen Achtziger Jahre, als Thurston Moore noch kurzzeitig am Bass dieser Truppe stand, ging es los mit einer Band, die auszog, mit Rock das Fürchten zu Lehren.

Mitte der Neunziger aufgelöst, erstanden sie wie Phoenix aus der Asche 2010 mit dem manisch starken „My Father Will Guide Me Up A Rope To The Sky“. Zwei Jahre später, für nicht wenige ihr unumstößliches Opus Magnum, „The Seer“, das Monster, das unfassbarste aller Swans-Alben. Vor zwei Jahren: Das nicht minder grausame „To Be Kind“.

Gerade nach „The Seer“ scheint tatsächlich minimal Luft aus dem harten Rock-Reifen namens Swans zu entweichen. Zumindest schafft „The Glowing Man“ keinen Akzent zu setzen, keine Perspektive mehr in ihren Sound-Kosmos zu bringen, den wir nicht schon um die Ohren geprügelt bekommen hätten. Freilich ist, was wir bekommen, wieder makellos verstörend, repetitiv grausam und atemberaubend krass.

Was für eine Band. Nun soll sie in ihrer jetzigen Form erstmal vorbei sein. Vielleicht ist’s besser so. An „The Seer“ kommen sie nicht mehr ran, ohne dass „The Glowing Man“ ein zu unterschätzendes Album wäre, im Gegenteil.

Dass die Monate vor der Veröffentlichung Gira durch Larkin Grimm, ein ehemaliges Mitglied der Dirty Projectors, in diesen unsäglichen öffentlichen Vergewaltigungs-Skandal gezogen wurde, wirft selbstredend ein problematisches, schwer zu verortendes Licht auf diesen musikalischen Künstler der Krassheiten. Doch sind abschließende Urteile und Positionierungen in diesem, wie in so vielen vergleichbaren Fällen, extrem schwer von außen einzunehmen. Ruhen sie hiermit in unerbittlichem Frieden, die jetzigen Swans.

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